Best Practice – Gustav-Heinemann-Haus GmbH

Jeden Morgen wird gesundes und geschmackvolles Essen an zehn Kitas mit insgesamt rund 500 Kindern geliefert. Eine gut organisierte und moderne Küche ist dafür unverzichtbar. Damit alle Kitas mit dem richtigen Essen beliefert werden, helfen bei der Organisation der täglichen Arbeit Piktogramme. Schwierigkeiten beim Lesen der Kita-Namen kommen so gar nicht auf, denn jede Kita wird durch ein Symbol gekennzeichnet, sodass die einzelnen Lieferungen durch jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter problemlos zugeordnet werden können.
Die gemeinnützige Gustav-Heinemann-Haus GmbH bietet für junge Menschen mit Lernschwierigkeiten den Ausbildungsberuf „Fachpraktiker/in Küche" an. Die Ausbildungen werden in Kooperation mit der gemeinnützigen intra bonn GmbH sozialpädagogisch begleitet.
Anna Freer absolviert dort seit einigen Monaten die Ausbildung zur Fachpraktikerin Küche.
Mit Michael Klug, Küchenchef „im Gustav“ und Anna Freer sprachen wir über ihre Erfahrungen.

v.l.n.r.: Anna Freer, Auszubildende zur Fachpraktikerin Küche, Michael Klug, Küchenchef des Bistros der Gustav-Heinemann-Haus GmbH


Herr Klug, wie kam es zu der Beschäftigung von Frau Freer?

Wir haben Frau Freer erstmals bei einem Praktikum kennengelernt. Sie hat nach ihrem Besuch einer Förderschule mit Förderschwerpunkt Lernen eine hauswirtschaftliche Qualifizierung bei der intra bonn absolviert. Währenddessen hat sie auch das Praktikum in der Küche unseres Hauses gemacht. Weil sie das wirklich sehr gut gemacht hat, haben wir uns entschlossen, ihr eine Ausbildung zur „Fachpraktikerin Küche“ anzubieten.

Welche Aufgaben hat Frau Freer?

Frau Freer unterstützt die Produktion in der Küche. Sie hilft beim Kochen der Gerichte und bei der Vorbereitung für den nächsten Tag. Sie hilft, die Kisten für das Kita-Catering zu packen. Schließlich führt sie Reinigungsarbeiten durch, für die sie übrigens eine besondere Qualifizierung durchlaufen hat. 

Gab es anfänglich Unsicherheiten wegen der Lernschwierigkeiten?

Zunächst einmal: Die Ausbildung von Menschen mit Behinderung gehört zu unseren Kernaufgaben. Dabei arbeiten wir eng mit der intra bonn zusammen, die eine sozialpädagogische Begleitung der Auszubildenden gewährleistet und auch uns als Ausbildungsbetrieb bei Fragen zur Verfügung steht. Die jungen Frauen und Männer, die zuvor bei der intra bonn die hauswirtschaftliche Qualifizierung durchlaufen haben, sind in der Regel gut vorbereitet. Vor allem aber haben sie noch einmal zwei Jahre Zeit zum Reifen erhalten. Das ist wichtig, denn direkt nach der Schule sind ihnen erst einmal andere Dinge wichtiger als die Arbeit.

Um auf Ihre Frage zu antworten: Bei jeder Neueinstellung gibt es anfangs Unsicherheiten, aber durch die Zusammenarbeit mit der intra bonn halten sie sich sehr in Grenzen. 

Erhalten Sie Unterstützung und wie bewerten Sie diese?

Viele helfen mit, damit die Ausbildungen erfolgreich verlaufen. Sehr engagiert ist auch die Berufsschule, die beispielsweise die Auszubildenden im Betrieb besucht. Damit es in der Berufsschule gut klappt, bekommen unsere Azubis außerdem sogenannte „ausbildungsbegleitende Hilfen“, ein Angebot der Agentur für Arbeit. Bei Konflikten und Schwierigkeiten im betrieblichen Ausbildungsteil hilft uns Frau Hahn von der intra bonn, die für die sozialpädagogische Begleitung zuständig ist, sehr kompetent und zuverlässig.

Gibt es Besonderheiten infolge der Lernschwierigkeiten von Frau Freer, auf die Sie sich einstellen mussten?

Frau Freer ist etwas langsamer und sie braucht hin und wieder jemanden, der ihr einen Anstoß gibt, wenn sie sich bestimmte Arbeiten nicht zutraut. Aber das gleicht sie durch große Sorgfalt aus! Sie ist wirklich sehr verlässlich, immer pünktlich und – was uns besonders gefällt – sehr hilfsbereit. Sie bringt gute Leistungen in der Berufsschule und kümmert sich sogar manchmal um die anderen Azubis aus unserem Betrieb.

Wir haben in unserer alltäglichen Arbeit einen anderen Umgangston, als er sonst in Küchen herrscht. Es geht ruhiger und freundlicher zu. Für diejenigen, denen das Lesen schwer fällt, arbeiten wir auch mit Piktogrammen. Dann erkennen sie leicht, welche Lieferung an welche Kita geht.

Wie geht es nach der Ausbildung für Frau Freer weiter?

Unsere Fachpraktikerinnen und Fachpraktiker knüpfen teilweise schon während der Ausbildung Kontakte zu anderen Küchen. Sie werden gerne eingestellt. Die besten Möglichkeiten bieten sich in der Systemgastronomie, weil die Arbeit hier planbarer und der Zeitdruck nicht so groß ist.

Was können andere Arbeitgeber von Ihren Erfahrungen lernen?

Das Schöne ist: Man merkt, dass ihnen die Arbeit Freude macht, und diese Freude kommt zu einem zurück! Es ist außerdem befriedigend zu sehen, dass sie eine fundierte Ausbildung erhalten, die ihnen gute Jobchancen eröffnet. Ganz direkt profitieren wir von sehr geringen Krankenständen.

 

 

Weitere Informationen zur intra bonn gGmbH und zur Gustav-Heinemann-Haus GmbH finden Sie hier.


 

Anna Freer mit einem weiteren Mitarbeiter in der Küche des Bistros der Gustav-Heinemann-Haus GmbH


Welche Aufgaben haben Sie im „Bistro im Gustav“?

Heute habe ich das Salatbuffet aufgebaut und Nudeln abgekocht. Ich räume auch ein und wieder ab.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit?

Am liebsten stelle ich Obst für die Kindergärten zusammen. Ich zähle das Obst ab und räume es in die roten Kisten.

Ich mag, dass ich nette Kollegen und einen netten Chef habe. Man braucht aber starke Nerven und darf sich nicht alles zu Herzen nehmen, wenn bei Stress manchmal Bemerkungen kommen. Man darf nicht alles auf sich sitzen lassen.

Was können Sie besonders gut?

Wenn ich eine Aufgabe bekomme, dann setze ich mich hin und mache das sehr genau. Ich brauche Zeit dafür und kontrolliere alles drei- bis viermal. In den Transportboxen darf nichts fehlen.

Ich habe mir vorgenommen, die Ausbildung zu schaffen und wenig krank zu sein.

Gibt es etwas, das Ihnen schwerfällt?

Wenn ich abgelenkt werde, kann ich mich verzählen. Deshalb ziehe ich mir manchmal eine Jacke an und gehe ins Kühlhaus, wenn ich Obst abzählen muss. Da kann ich mich besser konzentrieren, weil mich dort keiner stört.

Bekommen Sie von Ihrem Vorgesetzten oder Ihren Kollegen besondere Unterstützung?

Wenn ich mit Jungs zusammenarbeite, helfen sie mir mit schweren Sachen.