Best Practice – EDEKA Kipping

Familie Kipping betreibt drei EDEKA-Märkte, von denen sich zwei in Bonn und ein weiterer in Hennef befindet. EDEKA-Märkte haben ein großes Warensortiment und legen großen Wert auf Kundennähe und Service. Dadurch unterscheiden sie sich von Discountern, deren hoch standardisierte Abläufe weniger Spielräume lassen. Das bietet auch Vorteile, wenn es darum geht, Menschen zu beschäftigen, deren berufliche Leistungsfähigkeit in mancher Hinsicht eingeschränkt ist.
Christine Sieglar* hat eine 30-Stunden-Stelle in einem der EDEKA-Märkte Kipping. Sie hat eine Epilepsie und eine leichte geistige Beeinträchtigung. Dadurch verarbeitet sie Informationen etwas langsamer. Von den insgesamt 50 festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben fünf eine Behinderung. Wir sprachen mit Herrn Kipping über das besondere Arbeitsverhältnis mit Frau Sieglar.

Herr Kipping, Markleiter EDEKA Kipping


Herr Kipping, wie kam es zu der Beschäftigung von Frau Sieglar?

Vor vier Jahren ist ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur Bonn zu uns gekommen. Damals hat die Agentur für Arbeit dafür geworben, schwerbehinderten Menschen für 100 Tage zu beschäftigen, um sie kennenzulernen. Da dachten wir uns: „Das kann man ja mal probieren.“ Obwohl kein unmittelbarer Personalbedarf bestand, wollte ich als Arbeitgeber auch Menschen eine Chance bieten, die es nicht so einfach haben.

In den 100 Tagen hat sich Frau Sieglar so gut in unser Team integriert, dass wir sie erst für ein Jahr und dann unbefristet eingestellt haben.

Welche Aufgaben hat Frau Sieglar?

Sie betreut bestimmte Regale, das heißt sie räumt sie ein, hält sie sauber. Wenn Kunden Fragen zu den Waren haben, dann berät sie auch. Zu ihren Aufgaben gehört noch die Bestellung von Waren mit einem mobilen Datenerfassungsgerät. Das ist schon sehr verantwortungsvoll. Am Ende kontrolliert der Marktleiter noch einmal ihre Arbeit.

Zusätzlich wurde Frau Sieglar an der Kasse eingearbeitet. Sie kann jetzt zwar kassieren, aber zu viele Kunden machen sie unruhig, sodass sie auf eigenen Wunsch nicht mehr an der Kasse eingesetzt wird. Vielleicht probiert sie es ja später nochmal. Grundsätzlich wollen wir ihr alle Möglichkeiten offen lassen.

 

* Name geändert

Welche Voraussetzungen bringt sie für diese Aufgaben mit?

Ganz wichtig war, dass sie die Arbeit wirklich machen wollte! Außerdem hatte sie den Wunsch, im Team zu arbeiten. So etwas dauert zwar immer etwas, aber jetzt ist sie bei den Kolleginnen und Kollegen sehr beliebt!

Frau Sieglar arbeitet ein wenig langsamer, aber dafür sehr sorgfältig. Typisch für sie ist beispielsweise, dass sie es sich sehr zu Herzen nimmt, wenn mal ein Artikel im Regal fehlt. Sie ist immer offen und freundlich. Das ist für die Kundenbindung sehr wichtig.

Obwohl sie keine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel gemacht hat, konnte sie sich aber in dieser Zeit Fertigkeiten und Kenntnisse dieses Berufsbildes aneignen. 

Gab es anfänglich Unsicherheiten wegen der Behinderung?

Nein, eigentlich nicht. Wir waren sehr unvoreingenommen und haben nicht weiter darüber nachgedacht. Unsere Geschäfte laufen gut und das Risiko war vergleichsweise gering.

Erhalten Sie Unterstützung und wie bewerten Sie diese?

Die Beschäftigung von Frau Sieglar wird durch eine Mitarbeiterin des Integrationsfachdienstes begleitet. Bei Fragen oder Problemen, die mit der Beeinträchtigung von Frau Sieglar zu tun haben, können wir sie anrufen. Gelegentlich kommt sie auch im Markt vorbei, wenn wir das wünschen. Sie hilft uns auch bei der Beantragung von finanzieller Unterstützung. Zuletzt hat sie uns darauf hingewiesen, dass wir auch technische Hilfsmittel beantragen können.

Von der Agentur für Arbeit bekommen wir einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt von Frau Sieglar. Dadurch können wir ihre etwas geringere Leistung gut kompensieren.

Profitiert ihr Unternehmen davon, dass Menschen mit Behinderung zur Belegschaft gehören? Wenn ja, wie zeigt sich das?

So wie bei Frau Sieglar ist es auch in anderen Fällen: Die anderen Mitarbeiter nehmen Rücksicht auf ihre geringere Leistungsfähigkeit. Denn alle wissen: „Sie kann es einfach nicht schneller.“ Aus dem gleichen Grund akzeptieren sie auch Krankheitszeiten. Und andersherum ist ihre Gründlichkeit ein echter Vorteil. Schön ist auch, dass sich Frau Sieglar willkommen fühlt. Sie hat sich gut in unser Team integriert und hat zu vielen Mitarbeitern ein freundschaftliches Verhältnis.

Was können andere Arbeitgeber von Ihren Erfahrungen lernen?

Ich gebe ihnen den guten Rat, es einfach mal zu versuchen und nicht sofort zu sagen: „Es funktioniert nicht.“ Im Gegenteil: Sehr oft funktioniert es ziemlich gut!

Man muss aber ein bestimmtes Engagement mitbringen. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass es etwas Zeit braucht, Mitarbeiter mit einer Beeinträchtigung in die Abläufe einzubinden. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, werden die Bemühungen am Ende von Erfolg gekrönt!